Donnerstag, 28. September 2017

Lothar Franz von Schönborn in weiteren Häppchen (VII)

reude und Interesse an der Gartenkunst waren dem Kurfürsten ganz besonders eigen, die Sorge um Anlage und Ausgestaltung seiner Parks zieht sich durch alle Regierungsjahre. Neben dem Vergnügen an der architektonischen Natur der geschorenen Hecken und ausgezirkelten Beete geht die Liebhaberei für Wasserkünste einher, die deshalb in Pommersfelden in großer Mannigfaltigkeit angelegt wurden, und schließlich auch die Genugtuung über Nutzen und Ertrag der Obst- und Gemüsezucht; über dreitausend Orangen lieferte die Pommersfeldener Orangerie jährlich für die Hoftafel; die im Seehof überschüssigen Erträge wurden an die Bedürftigen verschenkt.

Der Kurfürst hatte direkte Verbindung mit dem Oberintendanten der königlichen Gärten in Versailles und interessierte sich für alles, selbst für den richtigen Schnitt der Obstbäume. Unter den kurfürstlichen Nepoten hatte sich Rudolf Franz Erwein besonders in dieses Metier eingelebt; er beschäftigte in seinem Wiesentheider Mustergarten den bekannten David Fülke, der durch ein illustriertes Gartenbuch von sich reden machte.

Auch im Briefwechsel mit dem Lieblingsneffen in Wien spielten Gärten, Wasserkünste, Orangerien und Blumen ein große Rolle. Lothar Franz liest etwa bewundernd von den gelben Lilien, die der Vizekanzler in seinem österreichischen Landschloß gezüchtet hat, und schildert ihm wiederum den schönen Abend, den er eben am Rheinufer in der Favorite, mitten in einem unendlich farbenprächtigen Ranunkelflor, verbringt. "Hier stehe ich alle Morgen um 5 Uhr auf", schreibt er üben den Tageslauf in seinen Gärten, "gehe ein paar Stunden im Garten herum, ebenso nachmittags und abends, und zwar mit dem größten Vergnügen von der Welt, von Herzen wünschend, daß der Herr Vetter (d.h. der Neffe) vierzehn Tage bei mir wäre".

[Aus Kat. Ausst. Kurfürst Lothar Franz von Schönborn - Gedächtnisausstellung zur 300-Jahr-Feier seines Geburtstages, Neue Residenz Bamberg 1955, Bamberg 1955]
_______________________________________________________________

Blick auf die Gesamtanlage der Villa Favorite in Mainz, Stich von Salomon Kleiner, 1726

Donnerstag, 7. September 2017

"Best of"-Photos

ch habe seit fast einem Jahr gar keinen Beitrag mehr veröffentlicht, in dem ich einen kleinen - idealerweise repräsentativen - Querschnitt durch die in der Zwischenzeit auf facebook veröffentlichten Photos gebe. Also mache ich das jetzt. Die insgesamt 20 Bilder sind nicht völlig willkürlich ausgewählt, werden hier aber nicht streng chronologisch oder nach Ort oder nach Art gepostet, sondern wild durcheinander. Viel Vergnügen!




















Samstag, 2. September 2017

Erwischt!

as sich auf diesem "Was sie damals so trieben"-Gemälde des Franzosen Cesare Agostino Detti (1847-1914) nun so ganz genau abspielt, das kann ich auch nicht sagen. So viel scheint klar: Ein Kardinal macht in Begleitung einer hübschen, jungen Dame einen Spaziergang, die bei Erschöpfung Abhilfe schaffende Kutsche immer in angemessen-sicherer Entfernung. Die Beiden treffen auf zwei weitere zarte, junge Geschöpfe und einen jungen, in schwarz geleideten Herrn, welcher aber ganz offensichtlich zu diesem Zeitpunkt und an dieser Stelle von seiner Eminenz so ganz und gar nicht erblickt werden möchte, hält er doch mit besorgter Miene seinen Hut vor das Gesicht und verbirgt sich hinter den beiden ihn begleitenden Damen.

Und jetzt ist die Phantasie des Betrachters gefragt. Zwar drängt sich der junge Mann trotz schwarzer Kleidung nicht unmittelbar als Geistlicher auf, da er kein Beffchen sondern ein Jabot trägt. Andererseits wäre ein nicht-geistlicher Herr in Begleitung zweier farbenfroh gekleideter, junger Damen sicherlich ebenfalls etwas unschwärzer gewandet. Ist also vielleicht der so ertappt Wirkende ein für die geistliche Laufbahn auserkorener Neffe des Kardinals, der sich in diesem Moment eigentlich seinem Studium oder seinem Gebet widmen sollte, der aber stattdessen munter mit zwei holden Geschöpfen sich die Zeit vertreibt?

Oder ist in Wirklichkeit seine Eminenz der Ertappte? Hält es sich bei der Begleitung des Kardinals vielleicht um eine stadtbekannte Tabernakelschwalbe, die sich mit bambiaugigem Umgarnen rotgewandeter Herren die Zeit vertreibt, dabei kunstvoll den ein oder anderen Kopf verdreht und sich so diverse kostbare Geschenke klarmacht? Möchte am Ende der Neffe dem Onkel die Peinlichkeit ersparen, von ihm in Begleitung der Dame ertappt worden zu sein?

Wir werden es nicht erfahren, aber wir können uns jede nur menschenmögliche Geschichte zu diesem wunderbaren Gemälde ausdenken.


P.S.: Bonuspunkte für den interessiert zuschauenden Hund, der sich wahrscheinlich schon denkt: 'Boah! Wenn ich das heute Abende den Jungs erzähle...'

Lothar Franz von Schönborn in weiteren Häppchen (VI)

llein mit der Errichtung des Schlosses als Kunstwerk von höchstem Niveau hat sich Lothar Franz Graf von Schönborn ein Denkmal gesetzt, auch wenn dies nicht von ihm beabsichtigt gewesen wäre. Eine Besonderheit bei Pommersfelden bildet aber die Tatsache, daß sich der Bauherr, erfüllt von seiner überragenden Stellung im Alten Reich und stolz auf das von ihm im Leben Erreichte, von Anfang an mit dem Bauwerk selbst ein "Epitaph", ein Zeichen des Gedenkens, schaffen wollte. Mit der Erhaltung und Pflege des Schlosses über die Jahrhunderte hinweg entwickelte es sich, weit darüber hinaus, im Lauf der Generationen, zugleich auch zu einem Monument für die ganze Familie der Grafen von Schönborn.

Pommersfelden wurde, wie eingangs erwähnt, als privates Schloß geplant, in das sich der Kurfürst, nach den oft aufreibenden Dienstgeschäften als Regent, Bischof und Inhaber mehrerer Reichsämter, zurückziehen konnte. Doch machte diese Privatheit das Schloß nicht zu einer Eremitage, also zu einem Ort völliger Zurückgezogenheit. Nach Anlage und Anspruch war es vielmehr stets auch auf Außenwirkung bedacht, als geistiges und kulturelles Zentrum, als Ort der Repräsentation sowie als Empfangsstätte für hohe und höchste Besucher. Es hatte vom Selbstbewußtsein eines Bauherrn Zeugnis abzulegen, dem es gelungen war, ein Kaiserpaar zusammenzuführen und eine Kaiserkrönung, gegen manche Widerstände, durchzusetzen, und der sich deshalb, über seine Positionen als Bischof, Fürst und Erzkanzler hinaus, in eine ungewöhnliche Nähe zu Kaiserpaar und Kaisertum gestellt sah. Eine solche, dem Zeitalter des Barock geläufige Selbsteinschätzung, die ihre stärkste und bekannteste Ausprägung in der Vorstellung des Herrschers als roi soleil, als Sonnenkönig, in Frankreich erfuhr, schlug sich in Pommersfelden in zahlreichen, über das ganze Schloß verteilten Bildnissen seines Erbauers nieder, sowie in vielen Allegorien, die auf ihn anspielen. Das gilt insbesondere für die häufigen Verbildlichungen des Herkules, des großen griechischen Helden, der stets als Personifikation des Bauherrn anzusehen ist - Hercules imperii (Herkules des Reiches) nannten ihn die Zeitgenossen.

[Werner Schiedermair: Schloß Weißenstein als Geschichts- und Kulturdenkmal, in: Schloß Weißenstein zu Pommersfelden, Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg, 2. überarbeitete Auflage, 2011]
_______________________________________________________________