Samstag, 23. Mai 2015

Entartete Kunst - reloaded

Zeit meines Lebens wurde mir stets dies eingetrichtert: Daß ich als Deutscher die weder von mir erlebte noch von mir gestaltete Vergangenheit niemals vergessen darf.

Ich sagte mir dann irgendwann "Okay!" und vergaß nicht den fränkischen Schönborn-Barock, sondern tauchte tief in ihn hinein.

Gut, jetzt mal im Ernst: Das mit dem "nicht vergessen" wird heute wohl nicht mehr ganz so heiß gekocht. Denn Propagandaschmalz und Nazikitsch der Marke Thorak oder Breker soll - "aus den Augen, aus dem Sinn" - eingeschmolzen und geschreddert werden, findet man beim Deutschlandfunk.

Ob die Werke der beanstandeten Künstler nun tatsächlich solche der Kunst sind oder lediglich solche der Propaganda oder gar der Menschenverachtung, das ist mir persönlich piepe, weil Politik und/oder Ideologie - egal aus welcher Richtung - bei mir keinen Fuß in die Türe bekommen, wenn die eigentliche Frage lautet: "Spricht es mich auf eine ganz bestimmte Art und Weise an?"

Da ich mit Superhelden-Comics aufgewachsen bin, ist Thorak mir zu nahe an der Satire.

"Guten Tag! Mein Name ist Kal-El!" - "Angenehm! Ich bin Doctor Manhattan!"

Auf Breker könnte ich mich schon eher einlassen, wobei mir bei ihm weniger die Ganzkörperskulpturen als die für meinen Geschmack immer hauchzart überzeichneten Portraitbüsten Aufmerksamkeit abverlangen. Sollten nun über Nacht plötzlich wie auf Knopfdruck alle Werke von Thorak und Breker verschwinden, so wäre das für mich persönlich jedenfalls kein Verlust.

Aber um mich geht es ausnahmsweise einmal nicht.

Es geht um diese "Weg damit!"-Einstellung, die erstens der Panik den Vorrang gibt vor der hochgerühmten Erinnerungskultur und die zweitens auch einen unangenehmen Vorbildcharakter haben könnte, wenn es später wieder einmal heißt: "Was ist denn sonst noch so keine Kunst?"

1 Kommentar:

Geistbraus hat gesagt…

Warum nur kann ich mir Stefan Koldehoff 1933 so gut beim Bücherverbrennen vorstellen?

ps. die Nazi-Superhelden sind in der Tat sehr erheiternd!