Montag, 13. April 2015

Die Vision

Cicero und (the mighty mighty) King Bear haben es auf ihren Blogs auf die jeweils eigene pointierte Art bereits erklärt: "I've seen the Future, Baby! and it's rosa, fluffig süß und klebrig!"

Worum geht's?

Es geht um "Eine Zukunftsvision für die Kirche", welche Klaus Pfeffer, Generalvikar des Bistums Essen auf futur2 ("Zeitschrift für Strategie & Entwicklung in Gesellschaft und Kirche") veröffentlicht hat.

Da diese Zukunftsvision weder bei Cicero noch beim King Bear besonders gut wegkam, rieb sich bei mir natürlich sofort die Faszination am Grauen den Schlaf aus den Augen und rüttelte so lange an meinem "Ich hab heute meinen freien Tag und will mich mit sowas nicht rumschlagen müssen"-Abwehrzentrum, bis ich die Waffen streckte und selbst mal nachsah, welche Zukunft "morgen mal gewesen sein wird", wie es der einleitende Text formuliert.

Erste Erkenntnis: Die Worte "Jesus" und "Christus" sucht man in dem Text vergeblich, und "Gott" kommt nur einmal vor, nämlich als eine "andere Kraft", welche von Christen eben Gott genannt wird. Soweit, so ungefähr erwartet.

Die Alarmglocken gingen zum ersten Mal so richtig ab, als ich dies las:
    Die alten Kirchengebäude sind in ihrem Inneren modernisiert worden und verbreiten eine einladend-meditative Atmosphäre.
Wohl gemerkt: Zukunftsvision.

In Zukunft also noch mehr Betschuppen und Halleluja-Bunker, deren moderne Kahlheit und Symbolfreiheit mal so richtig zum Verweilen und Meditieren einlädt! Großartig! Weil ja meine Erstkommunionkinder der letzten vier Jahre nichts aufregender fanden und finden, als die weißen Wände in unserer Kirche und nichts langweiliger, als die Altäre, die Heiligenstatuen, die Bilder, die Kreuze, die Beichtstühle, die Meßgewänder, das Altargeschirr, die Kerzen und den Tabernakel. Weil die treuen alten Mütterchen und Väterchen und auch die immer wieder mal hereinschauenden jüngeren Christen sich ja regelmäßig den weißen Wänden zuwenden, wenn sie beten meditieren wollen. Weil die Anwesenheit unseres Herrn Jesus Christus und der uns vorangegangenen Heiligen in Bild und Skulptur natürlich nichts anderes bedeutet als "Du bist hier nicht willkommen, also lade ich dich aus!"

Es folgen diese Sätze:
    Hier finden an jedem Sonntag Eucharistiefeiern statt, zu denen die Christen aus der näheren und weiteren Umgebung anreisen. Die Gottesdienste sind sehr festlich gestaltet: Es gibt Chöre und Musikgruppen, die für einen ansprechenden und schwungvollen Rahmen sorgen. Die geistlichen Leiterinnen und Leiter der Kirchenzentren sind ausgesprochen gut qualifizierte Gottesdienstleiter, die aus einer tiefen Spiritualität leben und eindrucksvoll predigen, beten und moderieren können.
Da muß man eigentlich gar nicht groß zwischen den Zeilen lesen, um die Ermunterung zur Laienpredigt (Eucharistiefeier -> geistliche Leiterinnen -> predigen) und zum Sakropop (Musikgruppen -> schwungvoller Rahmen) zu finden.

Weiter geht's mit dieser Vision:
    Da es keine konfessionellen Kirchen mehr gibt, achtet eine ökumenisch vereinte christliche Kirche darauf, dass ihre Kirchenzentren ein sehr vielfältiges Angebot bieten, um den unterschiedlichen Traditionen gerecht zu werden.
Erstens: "Kirchenzentren" = Ohrenbluten!

Zweitens: Viel Spaß bei der ökumenischen Vereinigung, die allen Traditionen gerecht wird!

Also unterm Strich liest sich das für mich alles sehr kuschelig, etwas elitär und stellenweise beinahe scientology-esque.

Ich bin daher ganz bei Cicero, der sein Herz für die arme Kirche der Armen entdeckt hat. Wobei ich noch hinzufügen möchte, daß neben der persönlichen und privaten Anspruchslosigkeit der Priester und Prälaten durchaus der schäumende Pomp festlicher Liturgien bestehen darf und soll, welcher die Leute daran erinnert, daß letztlich auch die Herrlichkeit zu den Dingen gehört, die erst einmal bei Christus zu finden sind.

A propos "Priester": Dieses Wort sucht man in der Zukunftsvision natürlich ebenfalls vergeblich.

13 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

diese Leute werden irgendwann vor dem Khadi stehen, weil sie Christus verleugnet und ihre Herde in die Irre geführt haben

Admiral hat gesagt…

Da es keine konfessionellen Kirchen mehr gibt, achtet eine ökumenisch vereinte christliche Kirche darauf....

Erinnert mich an Brian Moores Roman "Katholiken".

Anonym hat gesagt…

... und die Pforten des Heimwerker-Baumarktes sollen sie nicht überwinden.

Der Herr Alipius hat gesagt…

Du hast soeben das Internet gewonnen!

Cinderella01 hat gesagt…

Jetzt standen gerade zwei junge chice Mädels vor meiner Tür und wollten mir was über die Bibel erzählen... Vielleicht hätte ich sie doch reinlassen sollen, um zu sehen, ob sie das toppen können ... Aber ich denke mal, weder bei den Zeugen Jehovas noch bei den Mormonen gibt es solche Wellnessaktivitäten ...

H. M. Lauda v. Sion hat gesagt…

Ich würde Priester jetzt nicht gerade zu den "Reichen" zählen. Btw

Jan hat gesagt…

Was ich vor allem rätselhaft finde ist, dass das nicht "Zukunftsvision für Kirche" heisst, da im Titel bei denen.

Anonym hat gesagt…

Es kann wohl keiner der kaholischen Kirche verdenken, dass sie sich auf die harten Zeiten noch leererer Kirchenbänke und zurückgehender Einnahmen (und damit weniger Personals) vorbereiten will. (Dass die bevorstehen, davon bin ich angesichts des mssiven Bedeutungsverlustes der Religion - nicht einer diffusen Spiritualität in weiten Kreisen der Gesellschaft überzeugt). Sei's drum. Der Göttergatte hat gerade in der USA ein solches Kirchenzentrum beschrieben, in dem die unterschiedlichen Konfessionen unterschiedliche Räume haben, und das scheint recht gemeinschaftsverbindend zu sein - die Konfessionen verschwinden dadurch aber nicht, da teilen zwar die Juden mit den Muslimen und den diversen christlichen Konfessionen Räume und zahlen gemeinsam das Putzpersonal, aber die konfessionellen/religiöse Unterschiede werden nicht angezweifelt.
Was aber an dieser Vision so seltsam ist - die Kirche HAT wunderbare Gebäude, die seit 1000 Jahren meditative Atmosphäre bieten - warum soll das modernisiert werden? Ein kulturelles Kapital der Kirche ist ja, dass sie eine Gegenwelt zur Moderne bietet; warum will der Autor dieserVision das einfach wegschmeißen? Die gotische Kathedrale ist ja quasi ein katholisches Alleinstellungsmerkmap! Warum ausgerechnet darauf verzichten - oder meint er damit miefige Pfarrheime aus den 1950ern? Ich versteh's nicht.

Arminius hat gesagt…

Zukunftsvisionen nach einen ordentlichen Joint.

peccator quidam hat gesagt…

Heißt die Zeitschrift im Ernst futur2? Das hieße ja dann... "Die Kirche wird gewesen sein."

Ist da der Name Programm? :-)

peccator quidam hat gesagt…

Ah, sorry, ich hatte vor meinem Kommentar nicht die Erklärung der Zeitschrift selbst gelesen, die da lautet: "futur2 ist die grammatikalische Form mit der eine Zukunft beschrieben wird, die bereits Wirklichkeit geworden ist."

Nö, falsch, das Futur II ist eine Zeitform, mit der man ausdrückt, daß etwas in der Zukunft bereits Vergangenheit ist.

peccator quidam hat gesagt…

Die Antwort liegt -- wie so oft -- hinter diesem Link: http://a.disquscdn.com/uploads/mediaembed/images/1439/4117/original.jpg

Anonym hat gesagt…

But...but...but surely they must realize that the past contains treasures, too???