... hatte Pater Rudi eigentlich das, was man umgangssprachlich ein "Mondgesicht" nennt. Das meine ich selbstverständlich nicht im herablassenden oder im sich-darüber-lustig-machenden Sinne, sondern ich meine es so freundlich, lieb und gut, wie sein Gesicht und sein Gemüt es mit den Leuten meinte.
Aber die Menschen griffen immer wieder zu einem anderen Vergleich, und zwar zu einem, in dem er sich das Licht nicht nur geborgt hat sondern selbst das Licht spendete. Am besten wird das illustriert durch diese Anekdote: Als Pater Rudi sich in den Tagen vor und nach meiner Priesterweihe bei uns im Haus aufhielt, kam er eines Morgens erst zum Frühstück, als es im Refektorium wegen der Besucher und Mitbrüder schon recht voll war. Die Türe ging auf, Pater Rudi trat ein, lächelte in die Runde und drei Mitbrüder bzw. Gäste sagten unabhängig voneinander (und laut genug, daß ich es hören konnte): "Die Sonne geht auf!"
Die Aussage war deswegen gerechtfertigt, weil er nicht nur ein hochgerühmtes aber bisher wenig besungenes Strahlemann-Lächeln hatte, sondern weil man mit "sonnig" auch sehr viel Richtiges über sein Gemüt aussagt.
Es gibt viele, kleine Details, die ich für den Rest meines Lebens schmerzlich vermissen werde. Dieses Lächeln (sowie sein begeistertes, lautes, ansteckendes Lachen und seine melodiöse, irgendwie beruhigend hauchende Stimme) stehen ziemlich weit oben auf der Liste.
Es ist blöd, daß er nicht mehr da ist. Aber es ist gut, daß er in so vielen, schönen Erinnerungen lebt.
1 Kommentar:
Wenn man etwas sehr vermißt, kann man selbst so werden. Man kann nicht wie jemand anderes werden, doch es sind ja bestimmte Eigenschaften - sonnig, freundlich, gradlinig, zugewandt die man in der Welt vermißt und gerne treffen würde. Und man kann sich selber drauf ausrichten.
Als ich jung war, hatte ich wirklich das Bedürfnis nach einer "alten weisen Frau". Da war weit und breit keine zu sehen. Alt werde ich von alleine, doch mir war klar, wenn ich Weisheit in meinem Leben vermisse und sie im Aussen nicht zufällig treffe, bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als mich selbst drauf auszurichten - ohne zu wissen, wieweit die Reise gehen wird.
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