Samstag, 2. September 2017

Lothar Franz von Schönborn in weiteren Häppchen (VI)

llein mit der Errichtung des Schlosses als Kunstwerk von höchstem Niveau hat sich Lothar Franz Graf von Schönborn ein Denkmal gesetzt, auch wenn dies nicht von ihm beabsichtigt gewesen wäre. Eine Besonderheit bei Pommersfelden bildet aber die Tatsache, daß sich der Bauherr, erfüllt von seiner überragenden Stellung im Alten Reich und stolz auf das von ihm im Leben Erreichte, von Anfang an mit dem Bauwerk selbst ein "Epitaph", ein Zeichen des Gedenkens, schaffen wollte. Mit der Erhaltung und Pflege des Schlosses über die Jahrhunderte hinweg entwickelte es sich, weit darüber hinaus, im Lauf der Generationen, zugleich auch zu einem Monument für die ganze Familie der Grafen von Schönborn.

Pommersfelden wurde, wie eingangs erwähnt, als privates Schloß geplant, in das sich der Kurfürst, nach den oft aufreibenden Dienstgeschäften als Regent, Bischof und Inhaber mehrerer Reichsämter, zurückziehen konnte. Doch machte diese Privatheit das Schloß nicht zu einer Eremitage, also zu einem Ort völliger Zurückgezogenheit. Nach Anlage und Anspruch war es vielmehr stets auch auf Außenwirkung bedacht, als geistiges und kulturelles Zentrum, als Ort der Repräsentation sowie als Empfangsstätte für hohe und höchste Besucher. Es hatte vom Selbstbewußtsein eines Bauherrn Zeugnis abzulegen, dem es gelungen war, ein Kaiserpaar zusammenzuführen und eine Kaiserkrönung, gegen manche Widerstände, durchzusetzen, und der sich deshalb, über seine Positionen als Bischof, Fürst und Erzkanzler hinaus, in eine ungewöhnliche Nähe zu Kaiserpaar und Kaisertum gestellt sah. Eine solche, dem Zeitalter des Barock geläufige Selbsteinschätzung, die ihre stärkste und bekannteste Ausprägung in der Vorstellung des Herrschers als roi soleil, als Sonnenkönig, in Frankreich erfuhr, schlug sich in Pommersfelden in zahlreichen, über das ganze Schloß verteilten Bildnissen seines Erbauers nieder, sowie in vielen Allegorien, die auf ihn anspielen. Das gilt insbesondere für die häufigen Verbildlichungen des Herkules, des großen griechischen Helden, der stets als Personifikation des Bauherrn anzusehen ist - Hercules imperii (Herkules des Reiches) nannten ihn die Zeitgenossen.

[Werner Schiedermair: Schloß Weißenstein als Geschichts- und Kulturdenkmal, in: Schloß Weißenstein zu Pommersfelden, Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg, 2. überarbeitete Auflage, 2011]
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